Mein neues Projekt
Menschen verlassen ihre Heimat - überschreiten Grenzen - betreten Neuland
Kaum ein Mensch verlässt freiwillig seine Heimat. Die wichtigsten Fluchtursachen sind Unterdrückung, Krieg, Armut und Umweltzerstörungen durch Naturkatastrophen und extreme Wetterbedingungen. Wir
erleben die größte Fluchtwelle seit dem zweiten Weltkrieg. Die Menschen flüchten überwiegend aus Afghanistan, Eritrea, Nigeria, Mali, Süd-Sudan, Irak und Syrien nach Europa. Zusätzlich
kommen Menschen aus den armen Regionen des Balkan. Sie erhoffen sich ein sicheres Leben in Frieden und Würde. Laut UNICEF wächst jedes zehnte Kind weltweit in Kriegs- und
Krisengebieten auf. Der Verfassungsschutz dokumentiert 990 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten im Jahr 2014. Den islamistischen Terror hält er jedoch für die größte Bedrohung.
Seit der unsäglichen massenhaften Gewalt gegen Frauen durch überwiegend Männer aus Nordafrika, Flüchtlinge und Asylbewerber in Köln an Silvester 2015, seit dem terroristischen Anschlag mit zwölf
Toten des tunesischen Täters Amri auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016, seit unbegleitet geflüchtete Jugendliche Anschläge verüben und wie im Dezember 2017 im
rheinland-pfälzischen Kandel ein junger Afghane seine ehemalige fünfzehnjährige Freundin ermordete, hat sich die Stimmung Flüchtlingen gegenüber bei vielen Menschen verändert. Sie
differenzieren nicht und werfen alle in einen Topf. Wer straffällig wird, muss dafür zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden. Wer als Schutzsuchender zu uns kommt und sich bemüht, alles
richtig zu machen, darf nicht mit Verbrechern gleichgestellt werden.
Wie gehen Deutschland und die anderen europäischen Länder mit dieser Situation um? Die einen entwickeln großartige Hilfsprojekte und pflegen eine vorbildliche Willkommenskultur und
die anderen diskriminieren, lehnen ab, werfen Steine oder zünden Flüchtlingsheime an. Wiederum andere hetzen in den sogenannten sozialen Netzwerken und betätigen sich als geistige Brandstifter.
Hass ist immer gefährlich und gefährdet den sozialen Frieden.
Vor diesem Hintergrund startete ich mein neues Projekt. Ich begab mich auf eine Reise, allerdings nicht in fremde Länder, sondern in unser Land. Ich ging auf Menschen zu, die ihre Heimat
verlassen, Grenzen überschreiten und Neuland betreten mussten. Ich wollte sie kennen lernen, mit ihnen sprechen, ihre Geschichten erfahren, sie zu Wort kommen lassen, sie porträtieren. Denn der
Mensch, den wir kennen, ist nicht mehr fremd. Egal wo er herkommt, wie er aussieht, welche Religion er hat, wie alt er ist, welches Geschlecht er hat - Mensch ist Mensch.
Aus den Porträts kuratiere ich die Ausstellung "Flucht früher und heute", die von vielen Menschen besucht werden soll. Die Geschichten veröffentliche ich mit den Porträts in dem Buch "Ein Gefühl
von Zukunft", das am 20. Mai 2019 im Allitera Verlag erschienen ist. Einige der Geflüchteten schreiben über ihre Situation, nachdem sie schon längere Zeit in Deutschland sind. Mich interessierte,
haben sich ihre Vorstellungen und Wünsche erfüllt, was gelingt, was gelingt nicht, was ist schwierig und wie kommen sie in dem neuen Land zurecht. Fühlen sie sich abgelehnt oder willkommen und
angenommen, lernen sie die deutsche Sprache und sind sie schon integriert.
Neugierig war ich aber auch auf ganz unterschiedliche Stimmen aus der Bevölkerung. Ich lasse Menschen sprechen, die z.B. mit Flüchtlingen arbeiten, sie als Mentoren, Mieter oder Arbeitnehmer
kennen, mit ihnen befreundet sind, sich als Pflegeeltern kümmern oder einfach so Kontakt zu ihnen haben oder hatten.
Und es kommen einheimische und geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene zu Wort. Sie äußern sich mit berührenden Texten zu Flucht, Frieden und der Kraft der Gemeinschaft.
Mit dieser Arbeit werbe ich für Mitmenschlichkeit, Empathie, Respekt und Achtung. Ich möchte zum Nachdenken anregen, aber auch zu kritischer Auseinandersetzung, mit einem Thema, das uns alle
angeht. Jeder kann da, wo er lebt und arbeitet, etwas tun. Nur so bleibt unsere Gesellschaft human und friedlich.